Sonntag, 31. Oktober 2010

Noch mehr Gäste

Forgetting all the hurt inside you've learned to hide so well
Pretending someone else can come and save me from myself
I can't be who you are
- Leave Out All The Rest *Linkin Park


- Seth -

Die Sonne schien schon hell, als ich aufstand. 11:03Uhr zeigte der Wecker auf meinem Nachttisch an. So lange hatte ich schon eine Weile nicht mehr geschlafen, aber in den letzten Tagen war ich einfach zu oft Patrouille gelaufen. So hatte ich wenigstens etwas Ruhe gehabt. Aber morgen Abend ist alles vorbei, dachte ich mir, dann geht’s so weiter wie vorher. Aber diese Aussicht war auch nicht gerade viel besser.
Ich stand auf und zog mir meine Shorts an. Draußen war wunderbarstes Sommerwetter, ganz ungewöhnlich für La Push. Aber ich hätte es ja wissen müssen. Ich war mir sicher, dass die Person, die den sichersten Wetterbericht der Welt lieferte, auch diesmal Recht hatte mit ihren Voraussagen. Demnach standen uns jetzt zwei Wochen allerschönstes Sonnenwetter bevor. Für mich zwar fast unvorstellbar, aber an Alice konnte ich nicht zweifeln.
Als ich durch den Flur in Richtung Küche lief, bemerkte ich schon, dass ich alleine war. Alle waren ausgeflogen. Schließlich war morgen Hochzeit! Mum war mit Leah bestimmt bei Billy und half ihm bei den letzten Vorbereitungen. Und Charlie war bestimmt auch da. Ich ging zum Küchenfenster und lauschte. Ich hörte die Autos auf dem Highway und die Touristen am Strand. Selbst das Rascheln der Büsche neben dem Briefkasten konnte ich hören. Und auch Mum und all die anderen, die sich in Billys kleinem Haus versammelt hatten. Ja, Charlie war auch da. Aber ich mochte ihn und hatte eigentlich kein Problem damit, dass er Mum auch mochte. Sie machten daraus keine große Sache. Es war zwar schon komisch, dass Mum mit jemand anderem zusammen war, aber Dad wäre über ihre Wahl und die Freude, die er ihr bereitete, bestimmt nicht sauer gewesen. Charlie war ja sein bester Freund. Aber wie gesagt, die beiden nervten nicht so rum, wie all die anderen, das machte sie noch sympathischer.
Ich ging zum Schrank und holte mir eine Salatschüssel. Aus dem anderen nahm ich die Cornflakes. Mum müsste beim nächsten Einkauf schon wieder Neue kaufen, aber ich hatte Hunger. Die Ration würde wahrscheinlich gerade mal bis zum Nachmittag reichen. Ich musste unbedingt mal wieder bei Emily vorbei. Aber die hatte wahrscheinlich auch keine Zeit, mich zu bekochen.
Mit der Salatschüssel in der Hand ging ich ins Wohnzimmer und schaute mir ein Baseballspiel an, aber sehr interessant war es nicht gerade.
Vielleicht hatte Edward ja doch Recht, und ich durfte an die Sache nicht zu verkrampft rangehen. Wenn ich sie traf, dann traf ich sie halt, und wenn nicht konnte ich ja auch nichts dagegen tun. Aber es war schon deprimierend, ganz alleine dazustehen, während der Großteil deiner Freunde mit der ganz großen Liebe beschäftigt war. Aber ich versuchte die Gedanken zu verdrängen und konzentrierte mich auf das Spiel.

Nach meinem „kleinen“ Frühstück konnte ich nichts mehr dagegen tun, mich vorm Helfen bei den letzen Handgriffen zu drücken. Die Hochzeit sollte auf einer großen Wiese in der Nähe der Klippen stattfinden und da Alice uns versichert hatte, dass das Wetter mitspielen würde, hatte sich auch keiner mehr Gedanken über Regenschutz oder ähnliches gemacht.
Als ich ankam standen meine Brüder schon fast alle auf der Wiese rum und warteten auf weitere Anweisungen von Rachel und Emily, die sich nicht ganz einig waren, wo die Pavillons aufgestellt und wohin die Tisch ausgerichtet werden sollten.
„Na, Seth, auch mal wach?“
Ich streckte Quil die Zunge raus. „Ja, ich bin ich. Kann ja nicht jeder schon um acht Uhr aufstehen und Babysitter spielen.“
Er wusste, dass ich es nicht böse meinte, aber trotzdem schaute Quil ein bisschen beleidigt. Diese ganzen Geprägten verstanden nicht mal mehr einen kleinen Seitenhieb. Es war zum Verrücktwerden!
„ Jungs, kommt ihr mal?“ Rachel und Emily hatten sich also endlich geeinigt. „Die Tische stellt ihr hier, da und da drüben auf, aber so, dass sie nicht parallel zueinander stehen, sondern wie so ein Stern, versteht ihr? Aber Richtung Meer. Und die Pavillons kommen da ….“

Wir waren den ganzen Tag mit Tische rücken, Stühle stellen und Pavillons aufbauen beschäftigt. Aber Emily hatte uns versprochen, für uns alle heute Abend zu kochen, bevor wir Paul zu seiner Junggesellenabschiedsparty abholen konnten.
„Findet euch damit ab, wir bekommen Paul schon irgendwie dazu, dass er mit uns kommt. Und wenn wir ihn kidnappen müssen!“ Jared schien die Vorstellung zu gefallen, Paul zu kidnappen, aber ich war mir sicher, dass es nicht soweit kommen würde. Er würde mitkommen, ganz bestimmt.
„Ach so, Emily?“, Rachel warf ihre einen fragenden Blick zu und Emily drehte sich zu ihr um.
„Was gibt’s?“
„Dein Essen reicht doch morgen bestimmt auch noch für eine Person mehr, oder?“
Ich hörte Paul aufstöhnen und, an seine Verlobte gewandt, fragen, wen sie denn jetzt noch eingeladen hatte.
„Angela hat gestern Nachmittag noch angerufen. Ihre Cousine aus Washington D.C. ist zu Besuch und ich hab ihr gesagt, dass sie sie ruhig mitbringen kann. Ist doch okay, oder?“ Rachel guckte etwas schuldbewusst, aber Emily lächelte sie an.
„Kein Problem, die Jungs werden schon noch was übrig lassen!“
„Da würd ich mich nicht drauf verlassen“, murmelte Sam leise.
„Danke, Emily! Was würde ich nur ohne dich machen?“ Rachel lächelte ihre Trauzeugin jetzt auch an.
„Das würd ich auch gern mal wissen!“ Die beiden Frauen fielen sich lachend in die Arme.
Das war wirklich eine gute Frage. Ohne Emily wäre Rachel wahrscheinlich aufgeschmissen gewesen. Sie hatte im Hochzeiten planen und durchführen ja schon Übung von ihrer eigenen und für Kim und Jared hatte sie sich auch schon angeboten. Sie war unser Herz. Und unsere Küche. Ohne sie würde es morgen Abend kein großes Festmenü geben. Natürlich halfen fast alle anderen Frauen aus La Push auch mit beim Kochen, aber Emily hatte alles gemanagt und viele weitere Gäste mit auf ihre Liste aufgenommen. Für ein paar der Gäste brauchte sie jedoch nicht zu kochen. Erst waren alle etwas skeptisch gewesen, ob sie die Cullens wieder einladen sollten, aber Jacob, der Renesmee unbedingt dabei haben wollte, hatte darauf bestanden. Und Renesmee hieß, dass auch der Rest unserer Vampir-Freunde kommen würde. Mir machte das überhaupt nichts aus, aber manche unserer Wölfe hatten trotz der vielen Bündnisse, die wir gemeinsam eingegangen waren, immer noch Vorurteile gegen sie. Vor allem die jungen Wölfe, die noch nicht an ihrer Seite gekämpft hatten.
Aber noch mehr „menschliche“ Gäste? Rachel hatte so gut wie alle Leute eingeladen, mit denen sie jemals zu tun gehabt hatte. Wir hatten ihr das nicht weiter übel genommen, aber dann hatte sie beschlossen noch den einzuladen, und dann noch die … Die Liste war immer länger geworden. Wir waren schon alle ziemlich davon angenervt. Und jetzt auch noch eine komplett Fremde? Das konnte ja lustig werden! Hoffentlich kamen nicht noch mehr unerwartete Gäste, ansonsten hätten wir bald nicht mehr genug Stühle!

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